Für 2019 wurde das Bibelwort aus Psalm 34,15b als Jahreslosung „ausgelost“. Herrenhut und die Losungen stehen wie kein ein anderer Ort und keine andere „Methode“ für den Pietismus.
Eine Überzeugung des Pietismus ist, dass Christen die Bibel lesen. Glaube entzündet sich an dem Wort Gottes. Diese reformatorische Überzeugung (Römer 10,17) führte dazu, dass die Volksschule eingeführt wurde, damit das Volk lesen lernte. So konnte das Volk die Bibel lesen. Die Bibel wurde in hohen Auflagen gedruckt, damit die Ausgaben – das erste Taschenbuch – nicht mehr als „zehn Eier“ kostete. So gehörte die Bibel als Lesebuch in jeden „guten protestantischen Haushalt“ des 18. Jahrhunderts.
Weil es aber für viele mühsam war, die vorgegebenen Bibeltexte für jeden Tag zu lesen, brachte man die Losung – sozusagen als Notration – heraus. Ein Bibelwort – gelost – aus dem Alten Testament und ein Bibelwort dazu ausgesucht aus dem Neuen Testament. Und für diejenigen, die es nicht schafften, jeden Tag eine „Losung“ zu lesen, wurde der Monatsspruch, ja die Jahreslosung, ausgelost.
„Suche Frieden und jage ihm nach!“, das ist die Kompassnadel, die uns im kommenden Jahr 2019 ausrichten und begleiten wird. Es ist ein Teilsatz aus einem bewegenden und bewegten Lied, das David in äußerst schwieriger Situation dichtete. David ist auf der Flucht – bei den Feinden Israels sucht der Schutz, wird aber auch dort abgewiesen.
In den wilden 67er Jahren geboren wuchs ich in der Zeit der sogenannten „Friedensbewegung“ auf. Als Jugendlicher war es in meinem Umfeld klar, dass Frieden keine Sache war, die man hinnahm. Für Frieden musste man sich einsetzen, Friede war „umstritten“, dafür „ging man auf die Straße“, man musste ihn im Zweifelsfall sogar „erkämpfen“.
Friedfertig sein – so die alte Übersetzung einer der Seligpreisungen Jesu – ist keine passive Haltung, sondern fordert mein Tun. Deshalb ist in der 2017 Lutherübersetzung auch davon die Rede, Frieden zu stiften. Friede wird gesucht, die Jahreslosung spricht sogar davon, dass ihm nachgejagt wird. Fährte aufnehmen und dann geht’s los.
Nein, ich lade sie nicht nur ein, ich fordere sie heraus, nicht nur den Krieg zu lassen, sondern dem Frieden nachzujagen. Das gilt nicht nur weltweit für die kriegerischen Auseinandersetzungen. Militärische Siege – auch wenn sie befreiend (gerne weise ich auf die Rede von Bundespräsident von Weizsäcker zum 40. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs hin) sind – bewirken noch keinen Frieden. Frieden muss gewollt sein. Dafür muss man arbeiten. Die Jahreslosung spricht sogar vom „Jagen“. Jagen, das meint volle Konzentration, verzichten, aus der Komfortzone herauskommen, sich ausrichten, sich selbst zurücknehmen, alles auf eine Karte setzen. Zweimal habe ich bewusst formuliert „sich“. Wir sind also gefordert. Der Friede, den wir suchen, macht etwas mit uns.
Friede fängt immer mit uns selbst an. Nur wenn wir befriedet sind, wenn Jesus Christus unser Friede (Lukas 2,14) geworden ist, können wir Frieden in unserem Umfeld „stiften“, dem Frieden nachjagen, wie es die Jahreslosung von uns fordert. Wenn wir durch Jesus verändert werden, werden sich Familien und unser Umfeld, unsere Gesellschaft, ja unsere Umwelt verändern. Veränderung beginnt immer mit uns selbst.
Die Jahreslosung – „Suche Frieden und jage ihm nach!“ – ist eine Herausforderung, eine Aufforderung, ja eine Handlungsanweisung für Dich. Ich denke an Dich, die Ehen, an die Beziehung mit den Kindern und den Eltern, an das Miteinander in den Gemeinden und im Bund unserer Gemeinden und unserer Gesellschaft und natürlich an das Miteinander der Völker.
Friede beginnt mit Christus, der Dein Herz berührt. Und damit mit Dir!
(Pastor Andreas Fehler)